Werden bestehende SEK-Ratsbeschlüsse gekippt?
Die Bürgerinitiative Stadtentwicklung Pappenheim (BISP) hat jetzt in einem Schreiben an Bürgermeister Sinn und alle Stadträte neun Bedingungen genannt unter denen sie bereit ist, städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen mitzutragen. Sollte auf alle Bedingungen eingegangen werden, müssten bestehende Ratsbeschlüsse rückgängig gemacht und die städtebauliche Gesamtplanung neu begonnen werden. Bauhofstraße soll zuerst und der Marktplatz zu allerletzt saniert werden. Bürgerliste sieht akuten Handlungsbedarf.
Die zentralen Bedingungen der BISP
In dem mehrseitigen Schreiben der BISP wird wie bei vorherigen Äußerungen der Bürgerinitiative auch, größter Wert auf die Feststellung gelegt, „dass sie dem Grundsatz nach das Städtebauliche Entwicklungskonzept (SEK) außerordentlich begrüßt. Allerdings wird gleich im nächsten Satz ein Feuerwerk von Einschränkungen angekündigt.
Diese werden in einem Neunpunkteprogramm ausgeführt, das mit der Forderung beginnt, dass der Sanierungsbeginn mit „unabwendbarer Dringlichkeit“ in der Bauhofstraße stattfinden soll, weil sich dort der gefährlichste Engpass der Innenstadt befinde und „der unbefriedigendste Fassadenzustand einer ganzen Straße“ bestehe.
Kristallisationspunkt des Schreibens ist der Marktplatz, der „am Besten im Zustand“ sei und nur einer Gehwegsanierung, kleiner Pflasterreparaturen und einer maßvollen Verbesserung der Möblierung bedürfe. „Andere neue Zutaten zu dem bereits bestehenden sind überflüssig und unangebracht. Darüber hinaus gebe es laut BISP für den Marktplatz bisher noch kein akzeptables Parkkonzept. Man wolle kein Podium vor dem Hirschen und das in der Vorplanung vorgesehene Wasserspiel sei viel zu groß.
In einer Aufzählung mehrerer zukünftiger Kostenschwerpunkte, weist das Schreiben der BISP auf Ausgaben wie das Dorfgemeinschaftshaus in Osterdorf, die Dorferneuerung ein Bieswang und Ochsenhart, Zusatzkosten für Breitbandausbau in Osterdorf und Göhren (wir haben berichtet), barriererfreier Zugang zu den Bahnsteigen, Brandschutz Grundschulhaus (wir haben berichtet), Übernahme des Stromnetzes hin. Man müsse – so die BISP – zuerst einmal diese hohen und bereits beschlossenen oder unabwendbaren Belastungen finanzieren.
Was sagen die Entscheidungsträger?
Bürgermeister Uwe Sinn
führt auf unsere Anfrage aus, dass er die Argumentation in dem genannten Schreiben nicht nachvollziehen könne. Die Vorplanungen für Marktplatz und Deisingerstraße seien lange bekannt und stünden auf der Grundlage einer vielschichtigen Bürgerbeteiligung. Schon bei der Auftaktveranstaltung im Jahr 2009 hatten alle Bürger die Möglichkeit ihre Ideen und Vorschläge in den Arbeitskreisen einzubringen. „Damals musste ich die Leute betteln, sich in den Ideen und Vorschlagsprozess einzubringen“, erinnert sich Sinn. Im November 2011 gab es eine Vorstellung von drei verschiedenen Städteplanern, die zuerst dem Stadtrat und dann den Bürgern vorgestellt wurde. Danach waren die Planungen mehrere Monate im Rathaus öffentlich ausgestellt. Alle Bürgerinnen und Bürger waren nochmals aufgefordert nach der Vorstellung dieser Pläne, Vorschläge und Bedenken vorzubringen. „Die rund 50 schriftlich eingegangenen Bürgeranregungen wurden im SEK Umsetzungsrat alle aufgelistet und abgearbeitet“, teilt der Bürgermeister mit. Alle Themen und Argumente, die in dem aktuellen Schreiben der Bürgerinitiative zur Sprache kommen, wurden nach Sinns Darstellung bei den Sitzungen des SEK Umsetzungsrates in Zusammenarbeit mit Fachgremien und Fachbehörden abgeprüft. Durch eine ständige Präsenz eines sehr aktiven Vertreters der Werbegemeinschaft im SEK Umsetzungsrat wurden bei den Vorplanungen nach Meinung des Bürgermeisters die Belange der Pappenheimer Geschäftsleute in den Vorplanungen besonders berücksichtigt. Eine ständige Information des Stadtrates sei nach Sinns Worten dadurch gewährleistet, dass aus allen Fraktionen Stadträte Sitz und Stimme im SEK Umsetzungsrat hatten, um an der Gestaltung mitzuwirken und ihre Fraktionskollegen zu informieren.
„In letzter Sekunde soll jetzt alles über den Haufen geworfen werden“, befürchtet Bürgermeister Sinn. Dabei sei man kurz vor dem Ziel. Bis der Zuschussantrag bei der Regierung von Mittelfranken gestellt werden kann, müssten nur noch das Programm der Baumaßnahmen und die Prioritätenliste von Stadtrat beschlossen werden.
Wie hoch er die Möglichkeit einschätzt, dass die in Sachen SEK einstimmig gefassten Beschlüsse aufgrund des Schreibens der BISP rückgängig gemacht werden, dazu will sich der Bürgermeister nicht äußern.
Walter Otters, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler
glaubt nicht, „dass die bereits beschlossenen Punkte annulliert werden müssen.“ Aktuell gehe es ja erst um die Vorplanung die als Grundlage für eine konkrete Kostenplanung und Ermittlung der Fördersätze diene. Des halb sei es wichtig, diese Vorplanung so aufzustellen, dass eine spätere Realisierung möglich auch tatsächlich möglich ist.
Bezügliche des finanziellen Aspektes fordert Otters vor einer Umsetzung eine mittel- und langfristige Finanzplanung für alle anstehenden Projekte. Otters begrüßt die Forderung der BISP, dass „in der Bauhofstraße etwas geschehen muss“. Bezüglich der Bürgerinformation befürwortet Walter Otters eine Behandlung der SEK-Themen in öffentlichen Sitzungen, was aber interne Besprechungen im Einzelfall nicht ausschließen dürfe.
Gerhard Gronauer, Fraktionsvorsitzender der SPD
kann sich nicht vorstellen, dass eine Aufhebung der gefassten Beschlüsse ernsthaft in Erwägung gezogen wird. Denn aus dem Schreiben der BISP würden sich keine Erkenntnisse ergeben, die jedem interessierten Ratsmitglied ohnehin schon bekannt sei.
Gronauer blickt auf einen 11-jährigen SEK Entwicklungsprozess zurück, der mit ehrenamtlichem Bürgerengagement begonnen habe und dann vom Stadtrat auf professionelle Beine gestellt wurde. Gronauer zeigte sich überrascht von dem Antrag der BISP, weil bei Bestrebungen der Ausgestaltung immer die Bereiche Marktplatz und Deisingerstraße im vordringlich im Focus hatten.
Natürlich sah man die Engstelle an der Bauhofstraße immer schon als gestaltungsbedürftig an, wobei sich hier erst im Jahre 2011 nach dem Kauf des Schinnererhauses Gestaltungsmöglichkeiten ergeben hätten.
Eine geradezu historische Chance sei nach den Worten des SPD-Fraktionsvorsitzenden die Innenstadtsanierung so wie sie jetzt in der Vorplanung und den Beschlüssen des Stadtrates bestehe. Eine in Aussicht gestellte Förderhöhe von 80 % wird es nach der Einschätzung Gronauers nie wieder geben. Wenn diese Zuschüsse durch ständiges Hin und Her verspielt werden, werde eine dringend notwendige Sanierung der Pappenheimer Innenstadt für alle Beteiligten erst richtig teuer.
„Eine historische Stadt wird entsprechend ihrer historischen Dimension gestaltet. Diese Entscheidung hat eine Tragweite mindestens für das nächste halbe Jahrhundert. Die zukünftige Generation wird uns vorwerfen, dass wir damals eine einmalige Chance verspielt haben“, führt Gerhard Gronauer aus.
Florian Gallus, Fraktionsvorsitzender der CSU
denkt zum jetzigen Zeitpunkt nicht, dass der zuletzt gefasste Beschluss zur Vorplanung des Innenstadtausbaus aufgehoben werden muss. Vielmehr sollen die Vorplanung vorangetrieben werden, damit die Zuschussanträge bei der Regierung von Mittelfranken eingereicht werden können. Erst wenn man wisse, wie viel Fördermittel es gibt, könne über die Umsetzung von Baumaßnahmen entschieden werden. „Die Anregungen und Wünsche der BISP werden zum gegebenen Zeitpunkt mit in die Planungen einfließen“, teilt der CSU Fraktionsvorsitzende mit. Auch Gallus will den finanziellen Aspekt bei der Vorplanung berücksichtigt wissen und verweist wie auch Walter Otters auf bereits geplante Ausgaben in den nächsten Jahren. Aus diesem Grund habe man einen Finanzierungsplan für die nächsten 5 Jahre gefordert. „Und zwar bevor das SEK Projekt für die Stadt finanzwirksam wird“, teilt Florian Gallus mit.
Bürgerliste sieht akuten Handlungsbedarf in der Bauhofstraße
Nach unseren Informationen hat Stadtrat Karl Satzinger für die Bürgerliste bei der Stadt Pappenheim den Antrag gestellt bei der kommenden Stadtratssitzung, die Bauhofstraße in die aktuelle SEK-Planung einzubinden. Die Bürgerliste sehe einen akuten Handlungsbedarf. Der Straßenabschnitt soll nach dem Antrag der BGL in die erste Dringlichkeitsstufe aufgenommen werden. Gleichzeitig soll auch die Vergabe der Tiefbauplanungen erfolgen.
Können Stadtratsbeschlüsse gekippt werden?
Die Geschäftsordnung, die sich der Stadtrat zu Beginn seiner Legislaturperiode gegeben hat, lässt eine Neubehandlung beschlossener Sachverhalte insbesondere dann zu, wenn neue Tatsachen oder neue gewichtige Gesichtspunkte vorliegen.
Es gibt zwei Wege zu einer neuen Beschlussfassung, wie Klaus Geyer von der Rechtsaufsicht beim Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen auf unsere Anfrage mitteilt.
Einer dieser Wege ist ein Bürgerantrag, der mit rund 40 Bürgerunterschriften eingebracht werden könnte. Der zweite Weg zu einer Neuauflage der Beratungen in Sachen SEK Vorplanungen ist die Antragstellung eines Stadtrates, die Beratungen erneut aufzugreifen und zu beschließen.