Die Kreis-SPD setzte sich auf ihrer letzten Vorstandssitzung in Wolfsbronn erneut mit den möglichen Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf die Kommunen auseinander. Dazu hatten die Genossen die ehemalige SPD-Europakandidatin Stephanie Schäfer aus Nurnberg als Referentin eingeladen.
Die Juristin hat sich in den letzten Monaten intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt und bestätigte die von SPD-Kreisvorsitzendem Harald Dösel geäußerte Befürchtung, dass TTIP und CETA negative Auswirkungen auf die öffentliche Daseinsvorsorge haben können, indem Privatisierungen von öffentlichen Aufgaben weiter ermöglicht werden sollen und somit in das Selbstverwaltungsrecht von Kommunen massiv eingegriffen werden konnte.
Deshalb befassten sich, so Stephanie Schäfer, derzeit immer mehr Kommunen und auch der Deutsche Städtetag zurecht sehr intensiv und kritisch mit den Freihandelsabkommen.
Als besonders problematisch bewertete Stephanie Schäfer das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestages über die Rechtsstellung der Kommunen, das unlängst auch im Landkreis für Aufregung gesorgt hat.
So spricht das Gutachten den Kommunen nicht nur das Recht ab, Beschlusse oder Resolutionen zu TTIP zu verfassen, sondern auch, sich mit diesem Thema überhaupt zu befassen.
Die Argumentation des Gutachtens, dass Gemeinden sich erst dann mit Auswirkungen von TTIP befassen durften, wenn dieses bereits unterschrieben sei und die Gemeinden dann tatsachlich im Einzelfall betroffen sein können, laufe aber nach Meinung der Referentin ins Leere: „Dann wäre TTIP schließlich bereits geltendes Recht und die Kommunen konnten sich eben nicht mehr gegen Eingriffe in ihre Kompetenzen wehren“, stellte Stephanie Schäfer hierzu fest.
Man müsse sich außerdem klar machen, dass TTIP ein Abkommen von neuer Qualität und Dimension sei, gegen das es vor Unterzeichnung keinen wirksamen Rechtsbehelf gebe. Auch eine Verfassungsbeschwerde sei erst zulässig, wenn das Vertragswerk unterzeichnet sei und ein Antrag auf einstweilige Anordnung erst dann, wenn ein fertig ausverhandeltes Vertragswerk vorliege. Kommunen, die sich mit TTIP befassten, so Schäfer weiter, kamen dagegen lediglich ihrem Auftrag, der sich aus der bayrischen Verfassung ergebe, nach und handelten daher keineswegs rechtswidrig. Nach Art.11 Abs.4 BayVerf diene die Selbstverwaltung der Gemeinden darüber hinaus dem Aufbau der Demokratie von unten nach oben. Kommunen sind Teile der Länder, und auch die Länder entscheiden bekanntlich bei TTIP durch die erforderliche Zustimmung des Bundesrates mit. Da bei TTIP der Regelungsbereich der Kommunen eindeutig betroffen sei, wie sich aus Art.83 BayVerf. ergebe (Gemeinde vermögen und -betriebe, örtl. Verkehr, Wasserversorgung, Wohnungsbau, Kultur, Gesundheitswesen etc.), mussten Gemeinden sich mit TTIP befassen dürfen, betonte Stephanie Schäfer.
Gleiches ergebe sich aus Art.83 Abs.7 BayVerf, nach dem kommunale Spitzenverbande von der Staatsregierung angehört werden mussten, bevor Angelegenheiten durch Gesetz oder Verordnung geregelt werden, die die Gemeinden betreffen. Aus Sicht der Kreis-SPD bedeutet dies, dass ein Anhörungsrecht aber nur wahrnehmen könne, wer sich, zum Beispiel im Gemeinderat, vorher auch mit der Thematik befasst habe und zu einem abschließenden Urteil gelangt sei, so der Tenor der anwesenden Vorstandsmitglieder. SPD-Kreischef Harald Dösel hinterfragte abschließend ebenfalls das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages: „Das erweckt für mich den Eindruck, dass sein Zweck hauptsachlich darin besteht, Kritiker zum Schweigen zu bringen.“ Anette Pappler, stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende, unterstutzte diese Sichtweise und erinnerte in diesem Zusammenhang an den ganz ähnlich gelagerten Fall der europäischen Bürgerinitiative: „Hier sollten nach Auffassung der EU-Kommission auch keine Unterschriften gegen etwas gesammelt werden, was es noch nicht gibt. Wir aber wollen dagegen eine basisdemokratische Beteiligung von Bürgern und Kommunen von Anfang an und nicht erst, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.“