(EHP)Bei der jüngsten Veranstaltung im Europäischen Haus Pappenheim (EHP) wurde Essen mit Lernen verknüpft. EHP-Leiter Prof. Dr. Joachim Grzega veranschaulichte, wie Sprachgeschichte mit Sachgeschichte zusammenhängt.
Für diesen ersten Abend in der neuen Reihe “Sprach- und Sachgeschichte mit Genuss” hatte er das Thema Milchprodukte gewählt: Dazu hatte Grzega für jeden Teilnehmer einen speziellen Teller sowie ein Büffet mit verschiedenen Milchprodukten vorbereitet: Milch, Rahm, Butter, Käse, Quark, Joghurt, Pudding und Eis. Zu diesen gab er im Verlauf der Veranstaltung auf lockere Weise einige Informationen. So erklärte er etwa, dass hinter manchen Milchprodukt-Ausdrücken einfach das Bild “in Form gebrachte gegorene Milch” steckt: in italienisch “formaggio” (Form!) genauso wie im bairischen “Topfen” (Topf-Form!) und im westslawischen “twarog”, von dem etwa das deutsche “Quark” stammt. Viele europaweit beliebte Milchprodukte stammen ursprünglich aus dem europäischen Süden oder Osten. Dass dagegen “Pudding” aus England stammt, zeigt die Endung “ing” (wie in “Jogging” und “Training”).
Das deutsche Wort “Butterbrot” hat es sogar ins Russische geschafft. Dort bezeichnet es allerdings, wie in vielen Gegenden Deutschlands und darüber hinaus ebenso, sogar ein belegtes Butterbrot. Eingeführt wurde das Butterbrot im 14. Jahrhundert als leicht transportable Zwischenmahlzeit neben den zwei Hauptmahlzeiten. Grzega beschrieb auch, wie viele Käsenamen ursprünglich einen Ortsbezug hatten, etwa zur Stadt Camembert oder zum Emmental.
Bei steigender Beliebtheit der Käsesorte wurde diese dann aber oft auch andernorts kopiert und der Begriff einfach übernommen. So wurde Camembert bald zu jeder Art Weichkäse mit Weißschimmel und Emmentaler zu jedem Käse mit Löchern, die ursprünglich versehentlich durch Verunreinigungen zu Stande kamen. Oftmals führte dieses Nachahmen von Käsesorten zu juristischen Streitigkeiten und schließlich zum Schutz von Bezeichnungen. Grzega erwähnte auch, wie EU-subventionierte Billigstmilchprodukte, die in sogenannte Entwicklungsländer verkauft werden, der Entwicklung der dortigen eigenen Milchprodukte-Wirtschaft schaden. Zum Schluss wurde ein Milcheis serviert, wie es als Verkaufsidee im 19. Jahrhundert von verarmten Bauern aus den Dolomiten nach Mitteleuropa kam. Deshalb heißen noch heute viele Eiscafés “Dolomiti”. Die neue Veranstaltungsreihe hat auch neue Besucher ins EHP gelockt, denen die Milchprodukte sichtlich mundeten. Sie hoffen auf eine Fortsetzung der Reihe.
Foto: EHP
EHP-Leiter Grzega präsentierte Milchprodukte und deren Kulturgeschichte