Philipp Schneider hat uns einen Leserbrief zukommen lassen in dem er zu unserem Artikel vom 21.10.2014 „SEK-Umsetzung auf den Weg gebracht“ Stellung nimmt. Dieser wir nachfolgende ungekürzt vröffentlicht.
Wurde in Pappenheim das Demokratieprinzip massiv verletzt?
zum Bericht „SEK-Umsetzung auf den Weg gebracht“,
Pappenheimer Skribent v. 21. Oktober 2014
In der öffentlichen Sitzung vom 21.10. hat der Stadtrat einstimmig für die Planung des SEK-Umsetzungsrates gestimmt.
Ein großer Teil der ca. 50 Zuhörer war sehr erstaunt über diesen Konsens. Herr Stephan vom Weißenburger Tagblatt (23.10.2014) hat dies in seiner Kolumne sehr treffend beschrieben.
Folgende Frage stellt sich mir: Was hat den Stadtrat so überzeugt, das Konzept das er schon einige Monate kennt, plötzlich durchzuwinken? Diese weitreichende Entscheidung für Pappenheim wurde innerhalb kürzester Zeit einstimmig beschlossen. Über die Öffnungszeit der Galluskirche dagegen wurde in zwei Sitzungen anhaltend und hitzig diskutiert. Bei dem SEK-Projekt handelt es sich um Kosten i. H. v. ca. vier bis fünf Millionen Euro (Schätzung mit Kanalsanierung). Die Kosten sind lt. Architekturbüro Frosch für den Straßenoberbau mit ca. drei Millionen Euro veranschlagt. Für die Kanalsanierung gibt es bisher keine konkreten Kosten. H. Schwarz von Bayerngrund hat auch bis dato keine Zahlen genannt, in welcher Höhe Zuschüsse für den Straßenausbau zu erwarten sind.
Das Europäische Haus, das vor längerer Zeit eingeweiht wurde, ist bis heute z. B. im Haushalt der Stadt noch nicht abgerechnet worden. Welche Kosten kommen dafür noch auf Pappenheim zu?
Ich habe große Achtung vor Herrn Hönig, der als Einziger die Frage gestellt hat, ob die Anregungen der Bürgerinitiative sowie Vorschläge einiger Bürger in das Konzept mit eingeflossen seien. Die Antwort des Bürgermeisters war „NEIN!“. Die Bürgerinitiative hätte in einem Gespräch mit ihm der aktuellen Planung zugestimmt. Das ist eine Falschaussage! Es hat nur ein Gespräch mit H. Sinn, H. Schwarz und H. Selzer stattgefunden, und zwar am 17.09.2014. Das Protokoll dieser Sitzung ging per E-Mail an den Bürgermeister und an alle Stadträte. Eine Stellungnahme hierzu wird die BISP nächste Woche veröffentlichen.
Die BISP hatte am 1. Oktober zu einem Informationsabend eingeladen.
Es ist weder der Bürgermeister noch ein Stadtrat der SPD dieser Einladung gefolgt. Stadträte der anderen Fraktionen haben die Gelegenheit wahrgenommen, sich über die Vorschläge der BISP zu informieren und diese auch zu diskutieren.
Herr Bürgermeister Sinn hat zu Beginn der Sitzung die Beschlussfähigkeit des Stadtrates nicht festgestellt. Der Stadtrat Lämmerer war nicht anwesend, aber entschuldigt. Ist damit Einstimmigkeit gegeben?
Die Hauptfrage für mich ist: Was passierte mit den Stadträten in der Besprechung am Montagabend? Diese Besprechung war nicht öffentlich, obwohl solche Beratungen auch unter das Öffentlichkeitsgebot fallen – hergeleitet aus dem „Demokratieprinzip“, wonach Sitzungen des Gemeinderates grundsätzlich öffentlich stattzufinden haben (lt. GO Art. 52). Am Montagmittag waren die Aussagen einiger Stadträte nämlich noch ganz anders. Wurden sie unter Druck gesetzt? Oder haben Sie inkorrekte Informationen erhalten?
Erstaunlich war auch, wie nach der Sitzung erst bekannt wurde, dass nur eine Stunde Sitzungszeit angesetzt war. Ca. 45 Minuten lang hat Herr Frosch über seine Vorstellungen über den Ausbau des Marktplatzes und der Deisingerstraße referiert. Meines Erachtens war das ein guter Vortrag und sehr aufschlussreich.
Ein wichtiger Punkt, den ich persönlich nicht ganz verstehe, ist, dass man am Ende der Deisingerstraße Ecke Bauhofstraße einen Rastplatz für Radfahrer plant. Damit werden die Radfahrer direkt eingeladen, die Einbahnstraße in falscher Richtung zu befahren.
Die noch offenen Punkte (Fahrbahnbelag Deisingerstraße, Wasserspiel Marktplatz, Podest vor dem Hirschen) gehören in eine öffentliche Sitzung. Die Bürger haben das Recht darauf.
Belege hierfür:
Aus der Bayerischen Gemeindeordnung:
Art. 52
Öffentlichkeit
(1) Zeitpunkt und Ort der Sitzungen des Gemeinderats sind unter Angabe der Tagesordnung, spätestens am dritten Tag vor der Sitzung, ortsüblich bekanntzumachen. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Gemeinderats.
(2) Die Sitzungen sind öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden.
(3) Die in nichtöffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse sind der Öffentlichkeit bekanntzugeben, sobald die Gründe für die Geheimhaltung weggefallen sind.
(4) Die Sitzungen haben in einem der Allgemeinheit zugänglichen Raum stattzufinden.
Quelle: http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?showdoccase=1&doc.id=jlr-GemOBY1998pArt52
Aus: „Information und Geheimhaltung. Anspruch von Ratsmitgliedern und Öffentlichkeit gegenüber Bürgermeister und Verwaltung“
von Dr. Josef Ziegler, Würzburg (Vorstand der Bayerischen Verwaltungsschule, München):
„ … Öffentliche Sitzungen
Bezogen auf die Entscheidungsprozesse in den Vertretungsorganen ist immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass diese – hergeleitet aus dem Demokratieprinzip – grundsätzlich öffentlich stattzufinden haben (Art. 52 GO). Nach wie vor besteht eine vielfach zu beobachtende Neigung, allein mit dem Hinweis auf eine ungestörte Beratung oder aus Scheu vor einer kritischen Öffentlichkeit hinter verschlossene Türen zu beraten und zu entscheiden. …
Die Bestimmungen zur Öffentlichkeit gelten in gleicher Weise auch für beschließende Ausschüsse (Art. 55 Abs. 2 GO). Für vorberatende Ausschüsse lässt das Gesetz offen, ob sie unter den gleichen Voraussetzungen öffentlich oder generell nichtöffentlich tagen.
Für die Nichtöffentlichkeit auch in Angelegenheiten, die einer öffentlichen Behandlung zugänglich wären, wird oft angeführt, dass ohne Publikum die Beratung erleichtert wird und unbefangener möglich ist. Dagegen ließe sich anführen, dass ein Ratsmitglied schon die Statur haben sollte, seine Meinung auch vor der Öffentlichkeit zu vertreten.
Problematisch und nicht mehr mit dem Sinn des Gesetzes vereinbar wird es auf jeden Fall dann, wenn in der öffentlichen Sitzung weitgehend auf die nichtöffentliche Beratung Bezug genommen wird, ohne dass diese nochmals öffentlich reflektiert wird. Damit ist die Entscheidungsfindung für die Öffentlichkeit nicht mehr nachvollziehbar. Wohl auch aus diesen Erwägungen heraus enthält das Geschäftsordnungsmuster des Bayer. Gemeindetags nicht mehr den früheren Vorschlag, dass vorberatende Ausschüsse generell nichtöffentlich tagen. In der Praxis ist das wohl noch vielfach der Fall. Man sollte das schon einmal überdenken. …“
Quelle: http://www.presserecht.de/index.php?option=com_content&task=view&id=49&Itemid=33
Aus „Öffentlichkeit/Nichtöffentlichkeit von Stadtratssitzungen“, Gewerbeverein Netzschkau und Umgebung e.V.
„… Nicht nur Beschlüsse, auch Beratungen
Öffentlichkeit heißt dabei auch, dass nicht nur die Abstimmungen öffentlich stattfinden, sondern vor allem die Beratungen und Diskussionen im Stadtrat zuvor. Als Stadtrat sollte man den Mut aufbringen, seine Meinung öffentlich zu vertreten.
Die Praxis, regelmäßig wichtige Dinge in nichtöffentlicher Sitzung zu diskutieren um dann im öffentlichen Teil lediglich die Hände zu heben oder auch nicht, ist eindeutig nicht zulässig. …“
Quelle http://www.gewerbeverein-netzschkau.de/index.php?option=com_content&view=article&id=31:oeffentlichkeit&catid=15&Itemid=39
Philipp Schneider,
Pappenheim
Hinweis: Leserbriefe stellen die Meinung des Verfassers dar und sind nicht eine Stellungnahme des PAPPENHEIMER SKRIBENT.